
28 Kapitel II Numerische Simulation turbulenter Str
¨
omungen
§4 Die Variationelle Mehrskalen–Methode
Ein vielversprechender Ansatz, um die bekannten Probleme der klassischen LES–
Methoden zu umgehen, sind variationelle Mehrskalen–Methoden (VMS). Wie die meis-
ten Mehrskalen–Methoden beginnen auch die hier betrachteten VMS–Methoden mit
einer a priori Separation der auftretenden Skalen in verschiedene Gruppen. Die klas-
sischen LES–Methoden, wie sie im letzten Abschnitt beschrieben wurden, basieren
dabei auf einer Aufteilung in große gel
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oste und kleine nichtgel
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oste Skalen. Bei vielen
VMS–Methoden hingegen erfolgt eine Zerlegung in drei statt in zwei Skalengruppen:
die großen gel
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osten Skalen, die kleinen gel
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osten Skalen und die kleinen nichtgel
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osten
Skalen. Diese sogenannte 3–Level–Partition geht auf [Col01] zur
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uck. Ebenso wie bei
den LES–Methoden werden auch bei den VMS–Methoden nur die gel
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osten Strukturen
simuliert. Daher wird die VMS–Methode auch als variationelle Mehrskalen–LES be-
zeichnet. Der Unterschied liegt in der Art und Weise, wie die gel
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osten Skalen definiert
werden. Im Gegensatz zur r
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aumlichen Mittelung der klassischen LES–Methoden wer-
den bei den VMS–Methoden die auftretenden Skalen durch variationelle Projektionen
in geeignete R
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aume separiert.
Bei einer adaptiven Wahl dieser R
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aume kommt es dann, im Gegensatz zu den im
Folgenden betrachteten Methoden, zu einer a posteriori Separation der auftreten-
den Skalen [JK10]. Diese grundlegenden Ideen wurden haupts
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achlich in den Arbeiten
[Hug95, HMJ00, Gue99] entwickelt.
Gegen
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uber der r
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aumlichen Filterung bieten Projektionen unter anderem den Vor-
teil, dass keine Probleme durch Vertauschung und Homogenit
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at auftreten. Zus
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atzlich
k
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onnen VMS–Methoden leichter auf komplexe Geometrien erweitert werden [Col01].
Unter der Annahme, dass die kleinen nichtgel
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osten Skalen die großen gel
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osten Skalen
nur indirekt,
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uber den Umweg der kleinen gel
¨
osten Skalen, beeinflussen, zeigt sich hier
eine der zentralen Ideen von 3–Level–VMS–Methoden: N
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amlich den direkten Einfluß
der nichtgel
¨
osten kleinen Skalen auf die gel
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osten kleinen Skalen zu beschr
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anken und
nicht wie bei der klassischen LES auf alle gel
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osten Skalen anzuwenden. Dies bedeutet,
dass die Turbulenzmodelle, die den Einfluss der nichtgel
¨
osten Skalen beschreiben, nicht
direkt die großen Skalen beeinflussen. Nur durch die Kopplung der drei Skalengruppen
kommt es zu einem indirekten Einfluss auf die großen Skalen.
Der Ausgangspunkt der variationellen Mehrskalen–Methode ist die variationelle
Formulierung der Navier–Stokes–Gleichungen (II.10). Diese lautet, hier f
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ur homo-
gene Dirichlet–Randbedingungen und mit einer geeigneten Wahl von R
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aumen, z.B.
V = (H
1
0
(Ω))
d
und Q = L
2
0
(Ω):
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