
18 Kapitel II Numerische Simulation turbulenter Str
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omungen
betrachten, muss zuerst der Begriff Wirbel erl
¨
autert werden. Dieser entzieht sich aller-
dings, wie schon zuvor der Begriff Turbulenz, einer genauen mathematischen Definition.
Nach [Pop00] versteht man unter einem Wirbel eine turbulente Bewegung, die, loka-
lisiert in einem Gebiet, in diesem als koh
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arent angesehen werden kann. Dieses Gebiet
kann zus
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atzlich auch noch kleinere Wirbel enthalten.
In diesem Zusammenhang versteht man unter der charakteristischen L
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ange l
∞
ein
Maß f
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ur die gr
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oßten Wirbel, welches mit der L
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ange vergleichbar ist, auf der sich die
Geschwindigkeit der mittleren Str
¨
omung merklich
¨
andert.
Die Energiekaskade von Richardson
Wie fast alle ph
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anomenologischen Ans
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atze zur Theorie der Turbulenz beginnt auch
dieser Abschnitt mit einer Betrachtung der Energiekaskade von Richardson [Ric22].
Deren Ausgangspunkt ist die grundlegende Annahme, dass eine turbulente Str
¨
omung
eine
¨
Uberlagerung von Turbulenzelementen oder Wirbeln verschiedenster Gr
¨
oße ist. Da
die Navier–Stokes–Gleichungen ein physikalisch dissipatives System beschreiben, wird
eine st
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andige Energiezufuhr ben
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otigt, um dieses System in einem station
¨
aren Zustand
zu halten [Fri95]. Dabei entstehen die gr
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oßten Wirbel direkt aus der Instabilit
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at der
mittleren Geschwindigkeit der Str
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omung, erzeugt durch die Energiezufuhr. Sie selbst
sind instabil und zerfallen ihrerseits in kleinere Wirbel, die durch ihre eigene Instabilit
¨
at
weiter zerfallen. In diesem Prozess wenden die Wirbel ihre ganze kinetische Energie, die
sie von Wirbeln gr
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oßerer Ordnung empfangen haben, zur Bildung von Wirbeln kleinerer
Ordnung auf [OJ58]. Da sich dieser Prozess st
¨
andig wiederholt, spricht man von einer
Energiekaskade.
Die Reynolds–Zahl der gr
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oßten Wirbel, Re = Re(l
∞
) = (u
∞
l
∞
)/ν, im Bereich
der Energiezufuhr ist groß gegen
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uber der Reynolds–Zahl der Wirbel im Inertial- und
Zerstreuungsbereich und daher sind die direkten Effekte der Viskosit
¨
at in dieser Skalen-
gr
¨
oße vernachl
¨
assigbar. W
¨
ahrend der Kaskade werden die zerfallenden Wirbel allerdings
immer kleiner und mit abnehmender Reynolds–Zahl bzgl. der Wirbelgr
¨
oße nimmt der
Einfluss der Viskosit
¨
at solange zu, bis eine kleinste Wirbelgr
¨
oße λ erreicht ist. Die Be-
wegung dieser kleinsten Wirbel kann als stabil und damit laminar angesehen werden,
da hier der Einfluss der molekularen Viskosit
¨
at so stark ist, dass er die Wirbelbewegung
dominiert. Die gesamte kinetische Energie, die sich w
¨
ahrend der Kaskade
¨
ubertragen
hat, wird in diesem Skalenbereich von der molekularen Viskosit
¨
at zerstreut und geht,
haupts
¨
achlich in Form von W
¨
arme, in innere Energie des Systems
¨
uber. Aus Experi-
menten weiß man, dass die von der Viskosit
¨
at verursachten Effekte ungef
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ahr ab einer
Gr
¨
oßenordnung von l
D
= 30λ relevant werden [Fri95].
Die Energie wird also auf den gr
¨
oßten r
¨
aumlichen Skalen zugef
¨
uhrt, fließt durch die
kleiner werdenden Skalen in die kleinsten und zerstreut sich dort, vgl. Abbildung II.1.
Dabei ist die Dissipationsrate der turbulenten Energie, ε [m
2
/s
3
], von Interesse und
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